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Intensivmedizin für Schwerstkranke und Operierte

PD Dr. Ingo Bergmann ist neuer Chefarzt der Klinik für Intensiv- und Notfallmedizin am KHM

Wo früher der Tod nicht zu vermeiden war – etwa bei Schwerkranken oder Schwerstverletzten – schafft die moderne Intensiv- und Notfallmedizin heute Überlebensperspektiven. So können Maschinen eine ausgefallene Niere, ein Herz oder eine Lunge über längere Zeit ersetzen. Auch das Klinikum Hann. Münden (KHM) versorgt solche Patienten. Die Klinik für Intensiv- und Notfallmedizin verfügt aktuell über zwölf Intensivbetten. Zudem betreut das Klinikteam den Notarztdienst der Stadt Hann. Münden am KHM und organisiert diesen zurzeit neu.
Priv. Doz. (PD) Dr. med. Ingo Bergmann ist seit 1. Juni Chefarzt der Klinik und leitet ein hochspezialisiertes Team. „Wir decken ein breites Spektrum ab“, sagt er. Beispielsweise der operativen Intensivmedizin – nach einem großen chirurgischen oder urologischen Eingriff oder einer Nierentransplantation. Ebenso werden internistische und onkologische Intensivpatienten betreut: nach Herzinfarkt, bei Luftnot, mit Magenblutungen oder Krebserkrankungen.

Voll ausgestatteter Schockraum für Erstversorgung

Das Leitungsteam der Klinik für Intensiv- und Notfallmedizin am KHM: Chefarzt PD Dr. Ingo
Bergmann (rechts) und sein Stellvertreter Fabian Mosbach, Leitender Oberarzt. Foto: Kothe

Gut aufgehoben sind bei Bergmann und seinem Team auch Patienten der Notfallversorgung. „Sie kommen aus dem KHM ebenso wie von extern“, sagt er. Die Klinik für Intensiv- und Notfallmedizin verfügt deshalb auch über einen hochmodernen Schockraum für alle Maßnahmen der Erstversorgung akut lebensbedrohlich Erkrankter. Er ist der Ort, an dem es um Minuten geht. Denn dort werden jene Patienten behandelt, die akut vital gefährdet sind und reanimiert oder intubiert werden müssen.

Bergmann ist am KHM kein Unbekannter. In der Vergangenheit war er als Honorararzt auf der Intensivstation tätig. Weitere Anknüpfungspunkte für den 39-Jährigen an die Drei-Flüsse-Stadt: Beim Deutschen Roten Kreuz hat er sich zum Lehrrettungsassistenten qualifiziert und war im Rettungsdienst tätig. Und am ehemaligen Vereinskrankenhaus hat er vor dem Studium als Intensivpfleger gearbeitet.

Der intensive fachliche Austausch gehört zum Alltag im Team der Klinik. Foto: Kothe


Spezialist für ultraschallgesteuerte Betäubung

Bergmann zählt zu den größten Medizinern: Er misst 2,12 Meter. Mit seiner Familie lebt er in Göttingen. Dort ist er auch noch am Universitätsklinikum (UMG) als Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie angestellt. Die Intensivmedizin am KHM hat eine enge Zusammenarbeit mit der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie am UMG: „Wir übernehmen postoperativ herzchirurgische Intensivpatienten nach dem Einsatz der Herz-Lungen-Maschine, wenn die intensivmedizinische Betreuung länger dauert und dort das Bett aus Kapazitätsgründen benötigt wird.“
Auch fachlich gilt Bergmann als Größe: Auf dem Gebiet der
ultraschallgesteuerten Anästhesie gehört er zu den wenigen Spezialisten, die wissenschaftlich an nur vier Zentren in Deutschland an der schonenden Methode der regionalen Betäubung für operative Eingriffe arbeiten.

Sie zielt darauf ab, mit Ultraschall bestimmte Nerven zu lokalisieren, die per Injektion mit einem Narkosemittel umspült werden, um das betreffende Körperteil für die Operation schmerzfrei zu machen. Operationen an den Extremitäten – etwa bei Frakturen – auf Basis der ultraschallgesteuerten Regionalanästhesie hätten vielfach die Vollnarkose mit ihren Risikofaktoren verdrängt. „Vor allem ältere Patienten profitieren von der Reduktion oder weglassen der Narkose“, sagt Bergmann.

Privatdozent an der Uni Göttingen

Bergmann hat in Göttingen Medizin studiert und promoviert. Die Regionalanästhesie ist für ihn seit jeher ein spannendes Thema. Deshalb bildete sie auch einen Schwerpunkt seiner Forschungsarbeit für die Habilitation. Seit 2016 besitzt er als Privatdozent an der Göttinger Universität die Lehrbefugnis für Anästhesiologie – der Lehre von der allgemeinen und der örtlichen Betäubung. Auch seine Doktorarbeit in 2010 widmete er der ultraschallgesteuerten regionalen Betäubung.

Schon neben seinem Medizinstudium sammelte er als Anästhesie-Pfleger erste Erfahrungen in der Regionalanästhesie. Zudem hat Bergmann die Zusatzqualifikation Notfallmediziner – und ist auch als Notarzt unterwegs. „Zehn Jahre lang war ich im Rettungshubschrauber, dem Christoph 44 aus Göttingen, im Einsatz“, erzählt er.

Einsatz im Notfall: Rettungshubschrauber 44 der DFR Luftrettung. Foto: privat

Team garantiert 24-Stunden-Oberarztbetreuung

Handeln, wenn es gilt. Das mache für ihn den Reiz aus. „Ich habe Freude an der Komplexität“, sagt Bergmann. Das schätzt auch sein Stellvertreter Fabian Mosbach, Leitender Oberarzt der Klinik für Intensiv- und Notfallmedizin. Sie kennen sich vom Studium und haben zusammen an der Uniklinik Göttingen gearbeitet. Ebenso wie weitere neue Oberärzte der Intensivmedizin: Boris Kolodziejczak, Dr. Julia Strauchmann, Dr. Crispin Föst, Dr. Hauke Janssen und Dorothee Schmid.

Für Bergmann und Mosbach ist das Team etwas Besonderes. Zum einen, weil es viel Expertise mitbringe und sich lange aus der Uni kenne. Zum anderen garantiere es 24 Stunden am Tag eine Oberarztbetreuung. Etwas, das meist Kliniken der Maximalversorgung vorbehalten ist. „Intensivmedizin lebt von Kontinuität“, sind sich die Ärzte einig. Als besonders heben sie auch hervor, dass ein Klinikum, das nicht zu den Maximalversorgern zählt, eine eigene Klinik für Intensiv- und Notfallmedizin hat.

Hochmodern: der Schockraum der Klinik für Intensiv- und Notfallmedizin. Foto: privat

Besondere Verfahren der Beatmungsmedizin

Fabian Mosbach ist auch auf Be­atmungsmedizin spezialisiert. Des­halb kann das KHM auch mit Verfahren arbeiten, die nicht jede Klinik anbietet. Etwa die transpulmonale Druckmessung, um die Stärke von Atemanstrengungen festzustellen, oder die Beatmungsentwöhnung für Herz- und Lungenpatienten. Ebenso hochqualifiziert und hochspezialisiert: die Pflegekräfte.
Sie schätzen die gute Vernetzung am KHM, den interdisziplinären Austausch, die kurzen Wege und die familiäre Atmosphäre. Das ist wichtig: Sie arbeiten mit Schwerstkranken. „Wir teilen mit Patienten und Angehörigen Schicksale“, sagt Mosbach. Für die Betroffenen brauche man Zeit und Mitgefühl – gerade bei schwierigen Gespräche, wenn Patienten an der Schwelle zwischen Leben und Tod stehen.
Es geht um sinnvolle Entscheidungen – etwa, wenn sie lebenserhaltende Maßnahmen berühren. Priorität habe die Frage, nach der medizinischen Sinnhaftigkeit, der Aussicht auf Erfolg und dem Patientenwunsch, sagt Mosbach. Leben retten, Lebensqualität geben, aber auch am Lebensende begleiten – das ist die Aufgabe. (hkk)